Änderung der Wirksamkeit von Verpflichtungserklärungen bei syrischen Flüchtlingen nach Flüchtlingsanerkennung
Bei Einreisen von Flüchtlingen über die Aufnahmekontingente für Syrer kann die Erteilung eines Visums von der Abgabe einer Verpflichtungserklärung abhängig gemacht werden. Eine solche beinhaltet u.a., dass der Verpflichtete sich dazu bereit erklärt, die Kosten, die durch den Besucher entstehen, zu übernehmen. Dadurch verpflichtet sich der Erklärende für sämtliche Kosten aufzukommen, wie z.B. für die Reisekosten, Kosten der Abschiebungshaft, Lebensunterhaltskosten und der Versorgung mit Wohnraum. Da kann bei mehreren Personen und ganzen Familien eine hohe Summe entstehen.
Die Verpflichteten befinden sich dadurch oft in einem Gewissenskonflikt. Auf der einen Seite wollen sie ihren in existenzieller Not geratenen Familienangehörigen oder Freunden helfen und andererseits können sie durch die Abgabe der Erklärung auch in existenzielle finanzielle Not kommen.
Wenn aber die Flüchtlingseigenschaft festgestellt wurde, endete bisher die Wirksamkeit der Verpflichtungserklärung. Die Aufenthaltstitel, die durch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erteilt werden, fordern gerade keine Erklärung der Kostenübernahme durch Private.
Neuerdings vertritt das Bundesinnenministerium die Rechtansicht, dass die Verpflichtungserklärungen bei syrischen Flüchtlingen, die über das Bundes- oder Landeskontingent nach § 23 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG nach Deutschland eingereist sind, auch weiterhin Bestand haben sollen, auch wenn im Rahmen eines Asylverfahrens die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG festgestellt und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilt wurde.
Mit dieser Ansicht verlagert das Bundesinnenministerium die staatliche Aufgabe, Flüchtlinge aus humanitären Gründen aufzunehmen und für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, und entzieht sich ihrer.
Nunmehr hat das Niedersächsische Innenministerium festgestellt, dass Niedersachsen der Rechtsauffassung des Bundesinnenministeriums nicht folgen wird. Damit hört in Niedersachsen aus Sicht der Ausländerbehörden eine abgegebene Verpflichtungserklärung für Syrer im Rahmen des Landesaufnahmeprogramms mit Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG auf zu existieren.
An diese Rechtsauffassung sind die Leistungsbehörden jedoch nicht gebunden, da das Niedersächsische Innenmnisterium ihnen nicht weisungsbefugt ist.
Die Leistungsbehörden (Jobcenter und Sozialämter) gehen bereits dazu über, ihre Entscheidungspraxis der Rechtsansicht des Bundesinnenministeriums anzupassen. Teilweise wurden bereits Anträge von anerkannten Flüchtlingen auf Sozialhilfe per Bescheid abgelehnt.
Gegen diese Verweigerung von Leistungen können die anerkannten Flüchtlinge Rechtsmittel einlegen, was auch getan werden sollte.
Eine schnelle rechtliche Beratung ist in diesen Fällen dringend zu empfehlen.
Auch für den Fall, dass die Gemeinden die ihnen entstandenen Kosten bei dem Verpflichtungsgeber eintreiben wollen, sollte dieser die Entscheidung von einem Rechtsanwalt/ einer Rechtsanwältin prüfen lassen.
Frederek Freckmann
Rechtsanwalt